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yoyo
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Beitrag von yoyo » 28. Mai 2003, 19:20

Sicher habt Ihr euch gewundert, daß ich so lange nichts habe von mir hören
lassen. Das hatte einen triftigen Grund: Ich habe kurzfristig beschlossen,
mich aktiv für unsere Umwelt einzusetzen.

Samstag morgen habe ich einen Werbespot mit Günter Jauch gesehen dem zu
entnehmen war, daß die Krombacher Brauerei und Greenpeace ein beispielloses
Projekt zur Rettung des Urwaldes ins Leben gerufen haben: Für jeden
getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1m² Urwald retten.

In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten verborgen
gewesene Naturfreund und Umweltschützer und so beschloß ich, auch meinen
Beitrag zur Rettung der Urwälder beizutragen. Ich überwand meine Abneigung
gegen promillehaltige Getränke und begann mit der Rettung.

Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen Meters Regenwald
beschäftigt war, kam meine Freundin nach Hause. Bei der anschließend geführten,
hitzigen Debatte mit ihr machte ich vermutlich die gleiche Erfahrung, wie
tausende andere Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges
Unverständnis. Der Urwald schien ihr völlig egal, mein Engagement für die
Natur und das Leben aller Menschen lehnte sie völlig ab. Sie wollte nicht
verstehen, daß man eine so große Aktion wie die Rettung der Natur nicht
aufschieben kann, ganz gleich, ob es erst Vormittag ist oder nicht.

Da sie in keinster Weise einsichtig war und man(n) bereit sein muß, für die
Vollbringung solcher Taten Opfer zu bringen, verließ ich das Haus.
Niedergeschlagen, nein traurig, lief ich zunächst ziellos umher. Angst
beschlich meine Gedanken. Angst um die Wälder. Verzweiflung machte sich
tief in meinem Inneren breit, denn mit jeder verstrichenen Minute hätte ich
wieder einige Quadratzentimeter unwiederbringlicher Natur retten können.
Die Angst schnürte meine Kehle zu, die Verzweiflung ließ meinen Hals
austrocknen.

Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine Versammlung
gleichgesinnter Umweltaktivisten traf! Ich erkannte sie sofort, denn als
Zeichen ihrer Verbundenheit hielten sie alle eine Flasche Krombacher in
der Hand, die sie demonstrativ leerten.

Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr bald, daß
einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der Rettung ganzer Kontinente
beschäftigen, unbeachtet von der Öffentlichkeit, genau hier, an diesem
Kiosk! Ich bewunderte die Zeichen ihres teilweise jahrelangen Kampfes: Die
von den Entbehrungen ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen,
prallen Bäuche, den Geruch nach jahrtausendealtem Urwaldboden, die
mannigfaltigen Insekten und ich übersah auch nicht, daß sich einige beim
Kampf um die Natur wohl die Zähne ausgebissen hatten.

Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Menge natürlichem
Urwaldes gerettet hatten stellte ich fest, daß der Schutz und die Rettung
der Umwelt ihren Tribut zollten. Durch das lange Stehen schmerzten meine
Füße, die Waden krampften, selbst die Zunge war durch die langen Debatten
in ihrer Funktionsweise beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen beim
Aussprechen der großen Buchstaben eines Satzes oder Wortes. Aus diesem
Grund beschloß ich, die Versammlung zu verlassen und machte mich auf die
Suche nach weiteren Mitstreitern.

In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort wieder
fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort eingefunden und
arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der natürlichen Ressourcen.
Schnell war ich aufgenommen. Ich war gerührt als der Wirt meine Hand nahm
und mir sagte: "Junge, rette den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte
die 4te Lokalrunde um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen Gäste
darauf bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich Gebiete wie die Sahara,
die Wüste Gobi und die Kalahari einschl. der Atacama-Wüste wieder aufzuforsten und somit auch den Aufbau des globalen Waldbestandes zu unterstützen, blieb mit nichts anderesübrig, als zu der Runde noch Jägermeister zu ordern.
Ganz schwindlig war mir vor Stolz und Glück, als ich viel später die Kneipe
verließ. Plötzlich sah ich die Welt mit anderen Augen! Leicht verschwommen
zwar, aber dafür sah, nein fühlte ich, daß sich unsere gute Mutter Erde
drehte. Nicht gleichmäßig und in eine Richtung, nein, es waren eher
ruckartige Bewegungen in abwechselnde Richtungen. Welch eine Erfahrung!

Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem Auto und beschloß, einen
Demonstrationszug durch die Kneipen unseres Ortes durchzuführen, um die
vielen, anderen Menschen auf die Probleme aufmerksam zu machen. So fuhr ich
in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch ausgewichen als ich am
Straßenrand einen Streifenwagen entdeckte. Auf der Fahrbahn standen mehrere
Polizisten und schauten in meine Richtung. Sie mußten von meinem Vorhaben
erfahren haben, denn sie hielten gezielt mein Fahrzeug an. Von
Vorkontrollen bei Demonstrationen hatte ich ja bereits gehört, war aber
dennoch verwundert, wie schnell sich das rumgesprochen hatte.

Nachdem ich angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war, entschloß ich
mich zu einer spontanen Sitzblockade auf der Straße. Wenn ich im Nachhinein
darüber nachdenke, war es keine rationell erklärbare Aktion, eher ein Zwang
meines Unterbewußtseins. Ich saß und mein Körper weigerte sich, wieder
aufzustehen. Mir widerfuhr das gleiche Schicksal wie Sitzblockierer in
Brokdorf oder entlang der Castor-Strecke: Ich wurde durch die Polizisten
weggetragen. Auch sie wollten den Ernst der Lage nicht verstehen, obwohl
ich sie immer wieder darüber aufklärte.

Später, auf dem Revier erschien dann endlich ein vernünftiger Mensch. Er
hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar interessiert an und
erklärte mir dann, daß er die Anzahl der von mir geretteten Bäume
feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der Umwelt quasi im Blut und er
bräuchte aus diesem Grund etwas davon. Ich war glücklich, diesen
verständnisvollen Menschen getroffen zuhaben. Mein Engagement würde amtlich
festgehalten und der Nachwelt erhalten! Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.

Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Meinen Wagen
hatten die netten Beamten behalten, damit er durch seine Abgase nicht alle
meine Bemühungen wieder zerstört, wie sie mir erklärten. Auch haben sie mir
fest versprochen, nach dem Recyclingverfahren aus meinem Führerschein ein
Flugblatt zur Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.

Froh und mit der Gewissheit, etwas großartiges getan zu haben ging ich dann
nach Hause. Unterwegs rettete ich an der Tankstelle noch ein paar
Pflänzchen und erinnerte mich an eine alte Weissagung der Indianer: Erst,
wenn die letzte Ölplattform versenkt, das letzte Auto stillegelegt, die
letzte Autobahn begrünt und die letzte Tankstelle geschlossen ist, werdet
Ihr feststellen, daß Greenpeace nachts kein Bier verkauft.

In diesem Sinne wünsche ich einen schönen Arbeitstag.
Ich geh jetzt nochmal'n bischen Wald retten.

:grin:

_________________
cu yoyo

Nie mehr RTL !

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Loewe 400
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Beitrag von Loewe 400 » 28. Mai 2003, 19:32

Und das von Dir, und das mir (als altem Greenpeacer) :eek: :???: ...

Wenn Du am Samstag keinen Bauerndank midde trinkst, dann gibbet's was auf die grünen Ohren :grin: !

Lämmi
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Beitrag von Lämmi » 28. Mai 2003, 20:03

Wo haste das Ding denn her ?
Genial!
RWG Lämmi
http://www.rws82.p-a-g-e.de

RWG Lämmi

Berni und ert
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Beitrag von Berni und ert » 28. Mai 2003, 20:14

:grin: :grin: :grin: :grin: :grin: :grin: :grin: :grin: :`D :grin: :grin: :grin: :grin: :grin: :grin:

der ist SUPER Yoyo :wink:





ich schnäuz den Kasper :grin:

Günter Kratz
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Beitrag von Günter Kratz » 4. Jun 2003, 12:48

Hallo yoyo!
Eine ganz klasse Geschichte hast Du Dir da ausgedacht! Ich konnte mich kaum vor lachen halten :smile:
RWG
Günter

Lämmi
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Beitrag von Lämmi » 4. Jun 2003, 22:41

Jou Günther
Hat yoyo sich ausgedacht

Na was denn sonst :smile:
RWG Lämmi
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schmiddi
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Beitrag von schmiddi » 4. Jun 2003, 23:54

also ich habe diese geschichte schon mal vor einem jahr im internet gelesen, sie hat damals aber anscheinend nicht sofort den langen weg nach kassel gefunden. naja, jetzt ist sie dank yoyo endlich angekommen!! :grin:

RWG schmiddi

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